ist aber wahr
Von den Spuren des Gebrauchs
An einer Serie privater Fotografien macht sie die Spuren ihres Gebrauchs sichtbar. Aus ihrem Archiv entnommen wurden die Fotos auf einen Leuchttisch gelegt. Bei der Durchleuchtung kommt ihre verborgene Rückseite zum Vorschein. Vorder- und Rückseite eines Fotos sind dabei also zugleich sichtbar und werden zusammen abfotografiert. Die Fotografien erscheinen durch diese Prozedur diaphan, durchsichtig, und damit in ihrer spezifischen Medialität erfassbar. Bei der Durchleuchtung tritt die fotografische Materialität besonders des Fotopapiers hervor. Sichtbar werden Gebrauchsspuren wie zum Beispiel Beschriftungen oder Reste des Fotokartons, auf den die Abzüge ursprünglich geklebt wurden.
Solche Gebrauchsspuren verweisen nicht zuletzt darauf, dass private Fotografien wiederholt in die Hand genommen wurden, um betrachtet zu werden. Gleichzeitig werden die Abzüge durch die Durchleuchtung einer Deformation ausgesetzt: Die bildlich artikulierte und organisierte Vorderseite wird durchsetzt von der markierten und beschrifteten Rückseite. Die durchleuchteten Fotos erhalten dadurch zugleich etwas Gespenstiges; es findet ein Entzug der abgebildeten Realität statt, mit der Fotografien angeblich so fest im Bunde stehen. Die sichtbar gemachte Rückseite hebt die Bildmotive (zumeist Familienmitglieder oder Interieurs bzw. Hausansichten) in ihrer Banalität hervor und lässt sie zugleich verschwinden. Sie zeigt und entzieht sich (wie ein Kippbild) im selben Augenblick, in dem der Blick die doppelte Ansicht erfasst.
Petra Löffler (Auszug Veröffentlichung im ZfM 01/2013)