„Das Entscheidenste aber ist der Zauber der Farben selbst! Die Welt um uns durch ein einfaches ‚Klick‘ so naturgetreu im Bilde festhalten zu können, wie sie unser Auge sieht – ist das nicht etwas Wunderbares?“ (Auszug ORWO Werbeheft für Farbfilme, 1966)
Um das teure Fotografieren auch für Freizeit-Fotograf:innen attraktiv zu machen, haben sich die Werbe-Expert:innen von Agfa und später der DDR-Marke ORWO einiges einfallen lassen. Mit Werbeflyern, Broschüren und Fotoblättern wurden den Fotofreunden:innen technische Neuheiten und fotografische Tipps vermittelt, um sie weiter für das Fotografieren zu begeistern und dem analogen Film zu Absatz zu verhelfen. Die Hefte und Zeitschriften erzählen von der Faszination für den Film und das Foto. Sie lassen aber auch einen Blick auf das damalige Bild der Gesellschaft von Agfa und später ORWO werfen und regen zugleich an, über unseren heutigen Umgang mit Bildern, nachzudenken. In Recherchen im Archiv des Film- und Industriemuseums Wolfen widmet sich die Künstlerin Anke Heelemann dieser Literatur und trägt poetische Werbesprüche, gewagte Vergleiche oder heute eher befremdliche Beschreibungen aus den Heften zusammen. Ihre Fundstücke werden von dem Schauspieler Christoph Heckel in Bild und Ton präsentiert.
In der ACC-Galerie in Weimar eröffnet am kommenden Samstag, 3. Dezember, um 20.00 Uhr die Ausstellung „An den Rändern taumelt das Glück. Die späte DDR in der Fotografie“, kuratiert von Annett Jahn und Ulrike Mönnig. Meine herzlichste Einladung und Empfehlung! Die FOTOTHEK durfte auch einen kleinen Beitrag leisten!
Die Ausstellung läuft bis zum 12. Februar 2023. Hinzu kommt auch ein spannendendes Begleitprogramm. Eine Filmreihe wird die visuelle Kultur der späten DDR auch im Dokumentar- und Spielfilm reflektieren lassen. Hier ist das Programm zu finden. Am 28./29. Januar 2023 gibt es ein Symposion „Geschichte(n) aus dem Archiv“. Mehr Infos dazu in Kürze! Ein Wiedersehen ist garaniert.
getextet von Ausstellung ACC Galerie Weimar
№ An den Rändern taumelt das Glück. Die späte DDR in der Fotografie
An dem Wochenende findet auch der Tag des offenen Ateliers in Weimar statt. Hier öffnet erstmalig das neue Atelier der FOTOTHEK in der Erfurter Straße seine Pforten für die Öffentlichkeit. Herzlich willkommen! Die offizielle Einweihung folgt dann im Oktober und wird nochmal gesondert angekündigt! Das Atelier ist in der Erfurter Straße 33a, 99423 Weimar zu finden, das Hinterhaus direkt neben dem Einkaufsmarkt Edeka.
mit der Weimarer Ausgabe der Postkartenaktion »transparent 1989 | 2019«
transparent-Postkarte # 4/4 nach Foto von Klaus Bergmann (Dienstag-Demonstration am 9. Januar 1990 in Weimar)
»Wie wir leben wollen.« basiert auf Fotos von Klaus Bergmann, der als Hobbyfotograf die Demonstrationen von November 1989 bis Februar 1990 in Weimar begleitete. Der Fotograf entwickelte später aus seinen Aufnahmen eine Ausstellung, die 1992 erstmals in der Stadt zu sehen war. Die Re-Installation der Foto-Dokumente verbindet Axel Doßmann mit der Frage, »wie wir leben wollen«, die bereits 1989 Bürgerinnen und Bürger auf die Straße geführt hatte.
Antworten darauf gibt die Ausstellung bewusst nicht. Stattdessen ist jede*r Besucher*in selbst aufgefordert, zu überlegen, was ›gutes Leben‹ in einer europäischen Gesellschaft auszeichnet und was wir als Bürger*innen voneinander erwarten und verlangen. Statt auf beschriftete Transparente und Banner schauen wir jetzt auf weiße Leerstellen. Sie fordern auf, sich zu erinnern oder (neu) zu positionieren.
1989 – das Jahr des Aufbruchs und Umbruchs. Protest und öffentlicher Widerstand formierten sich und nahmen bis dahin unbekannte Dimensionen an. Die Menschen zogen mit Bannern und Plakaten auf die Straße.
Was bedeutet 1989 heute? Die erkämpfte Demokratie, wo ist sie geblieben? Wofür müssen wir heute eintreten?
Fotografien von Großdemonstrationen in der Jenaer Innenstadt Ende 1989 schaffen in einer interaktiven Installation einen besonderen Resonanzraum. Die abgebildeten Forderungen und Losungen auf den damals meist händisch beschrifteten Bannern und Transparenten sind nicht mehr zu sehen: Die weißen Leerstellen fordern nun auf – dreißig Jahre später – sich zu erinnern oder sich (neu) zu positionieren. Auf den Karten können handschriftlich die Forderungen von damals neu artikuliert, ganz neue Ideen formuliert, Haltung bezogen und Kritik geäußert werden. Über den Tag wächst so eine Stimmenvielfalt, eine Stimmencollage, die einen Austausch im Rückblick und einen zeitgenössischen Klang aus Jena generiert. (Auszug Ankündigung)